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Agrar Magazin / Zulassungen
Die wichtigsten Änderungen:
Das überarbeitete Bundesnaturschutzgesetz sieht unter anderem Maßnahmen zur Erweiterung des Biotopschutzes z. B. auf Streuobstwiesen und artenreiches Grünland sowie Maßnahmen zur Verringerung der insektenschädlichen Lichtverschmutzung vor.
Die geänderte Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (nachfolgend: PflSchAnwV) zielt auf eine deutliche Reduktion des Einsatzes von bestimmten Pflanzenschutzmitteln ab. Davon betroffen sind vor allem Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat. Auf EU-Ebene ist der Wirkstoff Glyphosat bis Dezember 2022 genehmigt. Der Antrag auf eine Wiedergenehmigung des Wirkstoffs wurde bereits 2019 eingereicht.
Glyphosat erfüllt alle Voraussetzungen, um in der EU weiterhin als Wirkstoff für Pflanzenschutzmittel genehmigt zu bleiben. Zu dieser übereinstimmenden Bewertung kamen kürzlich die für die Überprüfung zuständigen Behörden aus Frankreich, den Niederlanden, Schweden und Ungarn.
Die Anwendungsmöglichkeiten Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft in Deutschland werden jedoch durch die Änderungen, die an der PflSchAnwV vorgenommen wurden, eingeschränkt.
Wichtig:
- Es gibt kein generelles Verbot für die Anwendung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel.
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DOWNLOAD: Entscheidungshilfe zur Anwendung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel (PDF 367,43 KB)
Stand: 16.03.2022
Im Detail:
- Folgende Anwendungen bleiben weiterhin möglich:
- Zur Vorsaatbehandlung im Rahmen von Mulch-/ Direktsaatverfahren
- Vorsaatbehandlungen und nach der Ernte zur Stoppelbehandlung sind weiterhin zulässig, wenn einer der folgenden Punkte erfüllt ist:
- Perennierende Unkrautarten wie z. B. Ackerkratzdistel, Ackerwinde, Ampfer, Landwasserknöterich und Quecke auf den betroffenen Teilfläche
- Zur Unkrautbekämpfung, einschließlich der Beseitigung von Mulch- und Ausfallkulturen, auf Ackerflächen, die in eine Erosionsgefährdungsklasse nach § 6 Absatz 2 bis 4 der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung fallen
- Grünland:
- Eine flächige Anwendung auf Grünland (nur betroffene Teilfläche) ist zur Erneuerung des Grünlandes bei einer Verunkrautung zulässig, bei der auf Grund ihres Ausmaßes ohne die Anwendung von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln die wirtschaftliche Nutzung des Grünlandes oder die Futtergewinnung wegen eines Risikos für die Tiergesundheit nicht möglich ist (z. B. Jakobskreuzkraut)
- Gleiches gilt zur Vorbereitung einer Neueinsaat auf Flächen, die einer Erosionsgefährdungsklasse nach § 6 Absätze 2 bis 4 der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung zugeordnet sind oder auf denen eine wendende Bodenbearbeitung auf Grund anderer Vorschriften nicht erlaubt ist
Generell und sofern Spezialregelungen nicht greifen, ist die Anwendung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel nur zulässig, wenn nach den Umständen des Einzelfalles vorbeugende Maßnahmen, wie die Wahl einer geeigneten Fruchtfolge, eines geeigneten Aussaatzeitpunktes, mechanischer Maßnahmen im Bestand oder das Anlegen einer Pflugfurche, nicht durchgeführt werden können und andere technische Maßnahmen nicht geeignet oder zumutbar sind. Die Aufwandmenge, die Häufigkeit der Anwendung und die zu behandelnden Flächen sind auf das notwendige Maß zu beschränken.
Die Anwendung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel in Wasserschutzgebieten, Heilquellschutzgebieten, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten wird verboten. Das Verbot in Naturschutzgebieten bleibt bestehen. Die Spätanwendung vor der Ernte ist nicht mehr zulässig.
Die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich1 wird verboten, ebenso auf Flächen für die Allgemeinheit – und zwar ab dem Zeitpunkt, ab dem die jeweiligen Produkte insoweit ihre Genehmigung verlieren.
Die geänderte Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung normiert explizit kein grundlegendes Anwendungsverbot von Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel auf Schienen. Die Anwendung ist insoweit allerdings nicht uneingeschränkt zulässig. Vielmehr sind Besonderheiten, u.a. in Naturschutzgebieten u.ä., zu beachten.
Außerdem gelten neue Mindestabstände zu Gewässern für sämtliche Pflanzenschutzmittel. Hierbei gibt es grundsätzlich Möglichkeiten für landesspezifische Ausnahmegenehmigungen.
Die genaue Gebietsausweisung, Umsetzung und Kontrolle obliegen den Bundesländern!
Unsere Position:
Als Unternehmen hat sich Bayer ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt, etwa die Reduzierung der Umweltauswirkungen von Pflanzenschutzmitteln um 30 Prozent bis zum Jahr 2030. Lösungen, dieses Ziel zu erreichen, sind der zielgerichtete Einsatz der Mittel und / oder des entsprechenden Saatgutes sowie digitale Innovationen. Dafür ist ein innovationsfreundliches Klima hierzulande die Grundlage.
Was sonst noch beschlossen wurde: Einsatzbeschränkungen für Pflanzenschutzmittel
Naturschutzgebiete, Nationalparke, Nationale Naturmonumente, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten, Naturdenkmälern sowie gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes:
Die bereits bestehenden Anwendungsverbote für bestimmte Pflanzenschutzmittel für diese Gebiete werden erweitert. Der Einsatz von bestimmten Bioziden, Herbiziden sowie bestäuberschädlichen Insektiziden wird verboten. Ausnahmen sind unter spezifischen Bedingungen möglich.
Anwendungsverbote sollen auch in Flora Fauna Habitat-Gebieten (FFH Gebiete), die nicht gleichzeitig auch als Naturschutzgebiet oder Nationalpark ausgewiesen sind, gelten.
Ausgenommen hiervon sind Flächen zum Gartenbau, Obst- und Weinbau, Anbau von Hopfen und sonstigen Sonderkulturen, zur Vermehrung von Saatgut und Pflanzgut, die nicht gleichzeitig auch als Naturschutzgebiet oder Nationalpark ausgewiesen sind.
Für den Ackerbau in FFH-Gebieten gibt es eine Übergangszeit: Bis zum 30. Juni 2024 soll dort durch freiwillige Vereinbarungen und Maßnahmen eine Bewirtschaftung ohne Anwendung der betreffenden Pflanzenschutzmittel erreicht werden.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird diese Maßnahmen evaluieren und bis zum 30. Juni 2024 dem Bundeskabinett einen Bericht über diese Maßnahmen vorlegen, auf dessen Grundlage dann über mögliche weitere Maßnahmen entschieden werden soll.
Die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz setzen darüber hinaus an mehreren Stellen an, um den Insektenschwund zu reduzieren: So enthalten die Neuregelungen Vorgaben zur Verringerung der Lichtverschmutzung, zu temporären Naturschutzmaßnahmen und zur Berücksichtigung des Insektenschutzes bei der Landschaftsplanung. Mehr Lebensräume für Insekten sollen entstehen, indem der gesetzlich vorgesehene Biotopschutz um Streuobstwiesen, extensiv genutzte Mähwiesen sowie Steinriegel und Trockenmauern erweitert wird.
Das oben genannte Gesetz stellt zusammen mit der Novelle der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung eine Mischung aus Ordnungsrecht und freiwilligen Vereinbarungen dar. Hiermit werden vereinbarte Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm Insektenschutz umgesetzt.
Flankierend zu den Rechtsetzungsverfahren haben Bund und Länder am 11. Juni 2021 beschlossen, zum Ausgleich von Bewirtschaftungseinschränkungen für die Landwirtschaft den Sonderrahmenplan Insektenschutz in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) um weitere 65 Millionen Euro auf insgesamt 150 Millionen Euro jährlich zu verstärken. Dieser Betrag wird von den Ländern noch um einen eigenen 40-Prozent-Anteil aufgestockt. Die Mittel sollen unter anderem dazu dienen, den Verzicht auf bestimmte Pflanzenschutzmittel über kooperative Ansätze auszugleichen. Das im Bundesnaturschutzgesetz bereits angelegte Kooperationsprinzip wird dadurch besonders betont und weiter gestärkt.
Genehmigungsverfahren Glyphosat
Der Wirkstoff Glyphosat wurde im Jahr 2001 mit qualifizierter mehrheitlicher Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten genehmigt. Diese Genehmigung wurde 2017 für fünf Jahre bis zum 15. Dezember 2022 erneuert. Dadurch wäre ein vollständiges Glyphosat-Verbot auf Basis der gegenwärtigen EU-Rechtslage rechtswidrig.
Die Europäische Kommission hat mehrfach deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die genehmigte Pflanzenschutzmittelwirkstoffe enthalten, nicht vollständig untersagen dürfen. Eine begründete Be-/Einschränkung der Anwendung, um den spezifischen Bedingungen in einem Mitgliedstaat Rechnung zu tragen, ist jedoch möglich. Da im Jahr 2019 von mehreren Herstellern ein Antrag auf Wiedergenehmigung über das Jahr 2022 hinaus gestellt wurde, wurde das in den EU-Rechtsvorschriften vorgesehene Überprüfungsverfahren eingeleitet. Die EU-Kommission muss nunmehr den Wirkstoff erneut prüfen. Dabei wird sie von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und den Mitgliedstaaten unterstützt.
Die Berichterstatter im aktuellen Wiedergenehmigungsverfahren sind Frankreich, Ungarn, die Niederlande und Schweden. Sie bilden die sog. Bewertungsgruppe für Glyphosat (Assessment Group on Glyphosate – AGG). Diese Bewertungsgruppe hat in dem laufenden Prüfverfahren alle bekannten Untersuchungen und Forschungsergebnisse auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik berücksichtigt und auf dieser Grundlage einen Bewertungsbericht erstellt. Dieser Bericht wird nun von der EFSA im Rahmen eines sog. Peer-Review-Prozesses (Begutachtung) überprüft, an dem sich auch die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten beteiligen. Die Ergebnisse dieser Überprüfung werden dann der Europäischen Kommission übermittelt, die auf dieser Grundlage einen Verordnungsvorschlag über die Genehmigung oder Nicht-Genehmigung des Wirkstoffes vorlegt, über den die Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) abstimmen. Diese Abstimmung wird für die zweite Hälfte des Jahres 2022 erwartet.
Aktueller Stand auf europäischer Ebene:
Die zuständigen Behörden der berichterstattenden Mitgliedstaaten Frankreich, Niederlande, Schweden und Ungarn haben im Juni 2021 in einer Zusammenfassung ihres wissenschaftlichen Berichtsentwurfs festgestellt, dass Glyphosat alle Voraussetzungen erfüllt, um in der EU weiterhin als Wirkstoff für Pflanzenschutzmittel genehmigt zu bleiben.
Der Berichtsentwurf der vier nationalen Sicherheitsbehörden ANSES (FR), Ctgb (NL), Kemi (SV) und Nebih (HU) kommt zu der Einschätzung, Glyphosat ist:
- nicht krebserregend (Kanzerogenität),
- nicht Erbgutschädigend (Keimzellenmutagenität),
- nicht reproduktionstoxisch (Reproduktionstoxizität),
- nicht organschädigend (Zielorgan-Toxizität) und
- für den Hormonhaushalt nicht gefährlich (kein endokriner Disruptor).
Diese Einschätzung deckt sich mit der Einschätzung anderer führender Behörden weltweit.
Als nächstes werden nun die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) den Bewertungsprozess fortsetzen. Dazu gehört auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit durch Bereitstellung des Bewertungsberichts der AGG zur Kommentierung. Die Public Commenting Period beginnt am 24. September 2021.
Mehr Informationen zum Wiedergenehmigungsprozess in der EU finden Sie hier.
1: Bayer bietet in Deutschland keine Glyphosat-haltigen Produkte in diesem Marktsegment an.