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AgrarGespräch

3. AgrarGespräch 2021: Von GAP-Reform bis Zukunftskommission – gelingt der große Wurf?

Zum Ende der Woche warteten Bayer und die agrarzeitung beim 3. AgrarGespräch mit einem sehr komplexen und durchaus kontrovers diskutierten Thema auf. Doch die Gesprächsrunde zeigte: Längst nicht in allen Punkten liegen die Interessen und Vorstellungen so weit auseinander.

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Das 3. AgrarGespräch vom 23. April trug den Titel „Von GAP-Reform bis Zukunftskommission – gelingt der große Wurf?“ In ihrer Einführung umriss Henrike Schirmacher, Berlinkorrespondentin der agrarzeitung, das Themenfeld für die Gäste und Zuschauer. Sie wollte wissen, welche Erwartungen die Diskutanten an die Umsetzung der GAP-Reform haben und wo sie noch dringenden Handlungsbedarf sehen.

Für Jörg-Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), ist der aktuelle Stand noch weit entfernt von einem Systemwechsel. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte er. „Aber wir brauchen noch viel mehr für die Umwelt.“ Für ihn spielt die zukünftige Qualität der Ökomaßnahmen in der 1. Säule eine wichtige Rolle. Er hätte sich zudem eine stärkere Umschichtung von der 1. in die 2. Säule gewünscht. Er befürchtet, dass ansonsten die finanzielle Ausstattung nicht ausreichen könnte. Hubertus Paetow, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), stellte die Frage nach der Rolle der Ernährungssicherung durch die Landwirtschaft und erinnerte daran, dass die GAP noch immer ein Instrument des Strukturausgleichs innerhalb der EU darstelle. „Die angestrebte Ökologisierung wird mehr kosten, als die GAP derzeit hergibt“, so ein weiteres Fazit. Für Kathrin Muus, Vorsitzende beim Bund der Deutschen Landjugend (BDL), ist der Erhalt der Junglandwirte-Förderung, und damit eine spürbare Einkommenswirkung für junge Landwirte, ein besonderes Anliegen. „Wir hätten uns mehr gewünscht, aber die Richtung stimmt, urteilte sie. Für Peter R. Müller, Geschäftsführer Bayer CropScience Deutschland GmbH, stellt sich nicht die Frage, ob es einen Wandel in der Landwirtschaft geben wird. „Darauf bereiten wir uns längst vor. In unserer strategischen Neuausrichtung kombinieren wir verschiedene zukunftsfähige Plattformen miteinander.“ Er führte als Beispiel die Entwicklung biologischer Produkte an, deren Wirksamkeit jedoch oftmals allein nicht ausreichend ist. Kombiniert mit z.B. digitalen Anwendung lässt sich laut Müller jedoch der notwendige Ausgleich schaffen. „Landwirtschaft muss nicht intensiver, sondern nachhaltiger werden“, meinte Müller.

Wer über GAP und Agrarpolitik spricht, muss auch über Subventionen sprechen. Mit Blick auf die Biodiversität plädierte Paetow dafür, dass sich gesellschaftliche Forderungen langfristig über den Markt finanzieren müssen. „Landwirte handeln unternehmerisch. Deshalb ist es wichtig, Möglichkeiten zu schaffen, mit denen sich Ökoleistungen kostenbewusst umsetzen lassen“, so seine Aussage. Über die Möglichkeiten mittels der Eco-Schemes, die Ökoregeln auszugestalten, konnte er nicht viel sagen, denn „dazu liegt noch nichts Konkretes vor.“ Er kann sich aber einen Maßnahmenkatalog vorstellen, der auf regionale Gegebenheiten abhebt. Krüger brach eine Lanze für die Herausnahme von Flächen aus der Produktion, denn die Schaffung von Brachen habe sich mit Blick auf die Biodiversität bereits vielfach bewährt. Auch für ihn ist der regionale Aspekt von besonderer Bedeutung.

Doch es geht nicht nur um punktuellen Naturschutz, sondern darum, Naturschutz mehr in die Fläche zu bekommen. Hier sieht sich Bayer in der Verantwortung. „Wir müssen uns nicht um die vielleicht 10% Brache kümmern, sondern um die restlichen 90%, die nach wie vor in der Bewirtschaftung stehen“, so sein Statement. Auf diesen Flächen komplett auf Pflanzenschutz zu verzichten, hält er nicht für zielführend. Bayer arbeite aber daran, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit Hilfe neuer Technologien zu reduzieren. „Synthetische Pflanzenschutzmittel der Zukunft, aber auch deren Ausbringung, werden anders aussehen als heute“, meinte er. Müller bedauerte, dass solche Konzepte in den Ökoregelungen nicht aufgeführt sind. Umweltschutz muss seiner Meinung nach unternehmerisch-marktwirtschaftlich gestaltet werden, nur auf Subventionen zu setzen, bezeichnete er als zu kurz gesprungen.

Krüger widersprach dem zwar nicht, aus ökologischer Sicht könne man aber nicht nur auf die Präzisionslandwirtschaft setzen. In Schutzgebieten oder auf Gewässerrandstreifen hätten Wirkstoffe nichts verloren. Aus dem Publikum kam an dieser Stelle der Diskussion die Frage nach neuen Technologien wie CrisprCas. Ein Thema, das selbstverständlich von Bayer bejaht wird. Müller stellte die Frage aber breiter auf. „Die Diskussion um die Landwirtschaft zeigt vor allem auf, was nicht gewollt ist, über mögliche Alternativen wird viel zu wenig gesprochen,“ formulierte er seine Kritik. Für ihn ist CrisprCas so eine Alternative.

Vieles ist eine Frage des Geldes. Naturschutz in der Fläche ist nicht zum Nulltarif zu haben. Für Krüger ist klar, dass die Mittel der GAP für eine Transformation nicht ausreichen. Eine Umschichtung, jedoch nicht unkonditioniert, ist für ihn unabdingbar, ebenso wie Ergänzungsmittel aus der GAK oder vom Bund und von den Ländern. „Die Gesellschaft setzt neue Prioritäten und daran müssen wir die Umschichtung ausrichten“, sagte er. Paetow ergänzte, dass es aber nicht nur um entgangenen Nutzen bzw. Kostenausgleich gehen darf. „Wenn Landwirte nicht in die Lage versetzt werden, mit Naturschutz auch Geld verdienen zu können, kommt es nicht positiv in deren Köpfen an“. Vorstellbar sind aus Sicht von Müller wirtschaftliche Systeme, mit denen sich landwirtschaftliches Einkommen erwirtschaften lassen könnte. Er denkt dabei an z.B. die CO2- Zertifizierung bzw. den CO2-Handel. „So ein Ansatz wäre auch für den Bereich der Biodiversität denkbar.“

Moderatorin Schirmacher zitierte eine Umfrage der DZ-Bank, laut der der Trend zu großen Betriebsstrukturen nicht mehr aufzuhalten ist. „Der Konzentrationsprozess wird weitergehen“, ist sich auch Müller sicher. Damit folge die Landwirtschaft anderen Branchen. Er sieht das aber nicht unbedingt negativ, „denn größere Betriebe müssen nicht zwingend weniger nachhaltig sein.“ Der BDL setzt in seinem Leitbild auf Vielfältigkeit. Die Vorsitzende erkennt zwar auch den Trend, hofft aber, dass der nicht ungebremst weiterlaufen wird. Intensivierung bedeute auch Investition, was es den jungen Landwirten erschweren würde, die elterlichen Betriebe weiterzuführen. Der BDL empfiehlt, den Betrieben, Ausschau nach neuen Einkommensquellen zu halten. Eine Diversifizierung kann ihrer Meinung auch dazu beitragen, die Akzeptanz in der Bevölkerung wieder zu verbessern.Auch Paetow betonte, dass Wertschöpfung nicht nur über die Fläche erwirtschaftet werden muss bzw. kann. Die Betriebsentwicklung sei auch immer eine Frage des Standortes. Intensivierungen wie aus früheren Tagen wird es aus Sicht Krügers zukünftig nicht mehr geben. Noch wichtiger als die Betriebsgröße für die Ökologisierung ist für ihn die Schlaggröße. Selbst ein Anteil der ökologischen Landwirtschaft von 20 % oder auch mehr wird nach Aussage Müllers nicht ausreichen, um die Transformation zu erreichen. Er plädierte für eine moderne, nachhaltige Landwirtschaft, in der Ökoleistungen und Produktivität zueinander finden. Auch für Krüger ist es keine Lösung „sich hierzulande kuschelig und schön“ einzurichten, um dann auf Kosten anderer zu leben. „Wir bewegen uns in einem globalen Umfeld“, führte er weiter aus. Für ihn sind weitere, tiefgreifende Veränderungen deshalb unumgänglich, etwa eine deutliche Reduzierung unseres Fleischverbrauchs oder die Etablierung von Standards für Importe. Als Beispiel nannte er die Chemikalienverordnung REACH.Alles in allem sehen Paetow, Krüger und Muus, die alle auch in der Zukunftskommission Landwirtschaft sitzen, dass viel in Bewegung gekommen ist. Sie sehen die Kommission als geeignetes Gremium, um gesellschaftliche Kompromisse herbeizuführen. Muus betonte explizit die guten Gespräche zwischen den Jugendorganisationen.

In der Schlussrunde stellte die Moderatorin die Frage, was sich die Diskussionsteilnehmer von einem möglichen grünen Agrarministerium erwarten würden. Jörg Andreas Krüger wünschte sich, dass der große Streit überwunden würde, Hubertus Paetow, dass neue Prozesse in Gang kämen. Peter R. Müller sprach sich für ein Ministerium aus, dem es gelingt, gute berechenbare Rahmenbedingungen zu setzen und Kathrin Muus würde vor allem Planungssicherheit für junge Landwirte einfordern.

3. AgrarGespräch

„Von GAP-Reform bis Zukunftskommission – gelingt der große Wurf?“

1:00:09

Das 4. Agrargespräch findet am 3. Mai, 16.00 Uhr statt.

Das Thema lautet dann „Die Agrarwende – zwischen Wunsch und Wirklichkeit“.

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